Nach Gil Ofarims Antisemitismus-Vorwurf: Keine Entschuldigung, dafür Anzeige
Nachdem der Sänger Opfer eines antisemitischen Vorfalls in dem Leipziger Hotel wurde und dies öffentlich gemacht hatte, stellte ein Mitarbeiter Anzeige wegen Verleumdung.
Nachdem der Sänger Opfer eines antisemitischen Vorfalls in dem Leipziger Hotel wurde und dies öffentlich gemacht hatte, stellte ein Mitarbeiter Anzeige wegen Verleumdung.
Am Dienstag, den 05. Oktober 2021 veröffentlichte Gil Ofarim ein Video auf Instagram und schockierte damit Millionen. Der Musiker war in einem Hotel in Leipzig Opfer eines antisemitischen Vorfalls geworden und durfte nicht einchecken, weil er seine Kette - einen Davidstern - nicht ablegen wollte. Seit Jahren zeigt sich der “Vom Ende der Traurigkeit”-Interpret mit jenem Schmuckstück im Netz und hielt auch dieses Mal an seinem Glauben fest.
Kurz nach dem Vorfall saß Gil auf dem Bordstein des Hotels und erklärte seinen Fans tief berührt: “Einen schönen guten Abend zusammen, ich bin gerade sprachlos. Ich weiß nicht, wie ich's sagen soll. Ich wurde in der Vergangenheit oft zum Thema Antisemitismus gefragt in Deutschland”, startete er via Instagram und fügte hinzu, dass er beim Check-in einfach übergangen worden war. “Es war eine Riesenschlange, weil deren Computer down ist. Kann passieren, alles gut. Aber ich stehe hier mit meiner Kette […] und eine Person nach der anderen wird vorgezogen und ich verstehe nicht, warum. Ohne Scheiß! 15 Minuten später komme ich dran und frage: ‘Entschuldigen Sie bitte, was ist los? Das ist nicht in Ordnung. Warum werden alle vorgezogen?’”
Kurz darauf soll einer der Hotelmitarbeiter entgegnet haben, dass er seinen Davidstern ablegen müsse. “Und dann sagte Herr W.: ‘Packen Sie Ihren Stern ein.’ […] Dann sagte er, wenn ich ihn einpacke, darf ich einchecken. […] Deutschland 2021!”
Innerhalb von weniger als einem Tag haben sich über 2,6 Millionen Menschen den Beitrag durchgelesen und stehen dem Künstler bei. Das Hotel hat ebenfalls Wind von dem Presse-Aufgebot bekommen und im Netz eine kleine Stellungnahme veröffentlicht, die sich wie folgt liest:
“Wir sind besorgt über diesen Bericht und nehmen die Angelegenheit sehr ernst. Wir versuchen mit allen Mitteln, mit Herrn Ofarim in Kontakt zu treten, während wir dringend nachforschen, was hier passiert ist. Unser Ziel ist es, alle unsere Gäste und Mitarbeiter zu integrieren, zu respektieren und zu unterstützen, unabhängig davon, welcher Religion sie angehören.”
Gil Ofarims Fans haben sich derweil Kim Kommentarfeld verewigt und erklärt:
Während das Hotel anscheinend Kontakt zum Künstler suchte, soll er bis heute noch keine Entschuldigung erhalten haben. Gegenüber dem WELT-Nachrichtensender erklärte Gil: “Ich habe lediglich am späten Nachmittag gestern eine E-Mail erhalten, in der stand, man würde gern mit mir reden wollen. Ein Statement oder eine Entschuldigung war das nicht.”
Mittlerweile hat sich ebenfalls die Polizei eingeschaltet, nachdem einer der beiden beschuldigten Mitarbeiter Anzeige wegen Verleumdung gestellt hat. Polizeisprecher Olaf Hoppe erklärte gegenüber WELT, dass die Staatsanwaltschaft Leipzig und die Kriminalpolizei sämtliche Ermittlungen aufgenommen hätten. “Nun gilt es abzuwarten, was die Ermittlungen ergeben und was tatsächlich an dem Tag geschehen ist”, so Hoppe. Neben der Anzeige wegen Verleumdung habe der Hotelmitarbeiter ebenfalls eine zweite Anzeige wegen Bedrohung gestellt, nachdem sich Fans des Musikers “völlig entfesselt gegenüber dem Hotelpersonal” im Netz geäußert hätte. Eine dritte Anzeige wegen Volksverhetzung sei von einem Unbeteiligten gestellt worden, welcher sie Online bei der Polizei beschwert hatte …
Während die Stellungnahme vom “The Westin Leipzig” nur ein kleiner Teil war, hat der Instagram-Account wenige Stunden später ein Foto samt Banner mit vier Israel-Flaggen und zwei Mondsicheln - Symbol für den Islam - ins Netz geladen. Eine Erklärung fehlte komplett.
Kevin Kühnert, der stellvertretende SPD-Chef richtete sich schließlich via Twitter direkt an das Hotel und fragte: “Ich glaube, hier wäre Kommunikation notwendig und angemessen. Geht ihr den Vorwürfen nach?”, während Umweltminister Wolfram Günther von den Grünen niederschrieb:
Und auch Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, erklärte daraufhin am Mittwochabend gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: “Nach der antisemitischen Anfeindung gegen einen Juden in Deutschland fällt dem Hotel nichts anderes ein, als die israelische Flagge und Symbole des Islam auf ein Banner zu drucken. Wir sind zudem mehr als irritiert, dass eine deutliche Entschuldigung des Hotels gegenüber Gil Ofarim bisher ausgeblieben ist.“