Wiedereinführung der Wehrpflicht noch in diesem Jahr?
Friedrich Merz und Vertreter der Bundeswehr fordern, dass junge Menschen ab 2025 wieder verpflichtend Wehr- oder Zivildienst leisten sollen.
Friedrich Merz und Vertreter der Bundeswehr fordern, dass junge Menschen ab 2025 wieder verpflichtend Wehr- oder Zivildienst leisten sollen.
Der designierte Kanzler Friedrich Merz hat sich für die Wiedereinführung eines verpflichtenden Jahres ausgesprochen, in dem junge Menschen entweder den Wehr- oder den Zivildienst leisten können. Die konservativen Parteien Deutschlands, die voraussichtlich die nächste Regierung führen werden, plädierten am Dienstag für eine rasche Wiedereinführung der Wehrpflicht.
Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU/CSU, die bei den Wahlen am 23. Februar als stärkste Kraft hervorging, argumentierte, dass Europa in Zeiten von US-Präsident Donald Trump seine eigene Sicherheit besser organisieren müsse. Die US-Militärpräsenz in Europa galt über Jahrzehnte als verlässliche Sicherheitsgarantie. Doch unter der neuen Regierung Trumps sei ungewiss, ob die USA Europa und Deutschland im Falle eines russischen Angriffs weiterhin Unterstützung leisten würden.
"Die ersten Wehrpflichtigen müssen 2025 durch die Kasernentore schreiten“
Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Florian Hahn, sagte gegenüber der "Bild"-Zeitung, dass die "Aussetzung der Wehrpflicht nicht mehr zur aktuellen Bedrohungslage passt". Zudem betont Hahn "die ersten Wehrpflichtigen müssen 2025 durch die Kasernentore schreiten. [...] Wir können nicht tatenlos zusehen, wie die Welt um uns herum immer unsicherer wird."
Die Sorge um die zukünftige Stärke der NATO wächst in Europa, insbesondere nachdem Trump sich wiederholt auf die Seite des lange isolierten Russlands gegen die Ukraine gestellt und damit den westlichen Konsens der letzten Jahre erschüttert hat.
"Wir brauchen eine sehr viel Stärkere Personalstärke der Bundeswehr", so Friedrich Merz am 4. März. "Ich lege mich da jetzt nicht auf Zahlen fest, aber mit dem gegenwärtigen Bestand kommen wir nicht aus."
Obwohl die Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland lange Zeit umstritten war, wächst die Unterstützung für eine Rückkehr zum Wehrdienst mittlerweile über Parteigrenzen hinweg.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat sich für den Ausbau der Streitkräfte ausgesprochen, allerdings ohne eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. Er hat ein Modell vorgeschlagen, das auf freiwilligem Dienst basiert, aber die Möglichkeit zur Einführung einer Wehrpflicht offenlässt, falls notwendig. Gegenüber der Tagesschau erklärte Pistorius, dass es derzeit weder genügend Kasernen noch Infrastruktur gebe, um einen ganzen Jahrgang von Wehrpflichtigen einziehen zu können. Stattdessen sei es wichtiger, motivierten Freiwilligen eine klare Perspektive in der Bundeswehr zu bieten. Ein überhasteter Schritt zurück zur früheren Wehrpflicht sei "nicht wirklich hilfreich".
Als ersten Schritt beschloss das scheidende Kabinett von Scholz im November ein neues Verfahren, ähnlich dem schwedischen Modell, wonach alle 18-Jährigen einen Fragebogen über ihr Interesse an der Bundeswehr und ihren gesundheitlichen Zustand erhalten sollen. Alle jungen Männer wären verpflichtet, den Fragebogen auszufüllen, während dies für Frauen freiwillig wäre.
Anschließend würde eine Auswahl von jungen Männern und Frauen zu einem Auswahlverfahren eingeladen, und einige von ihnen könnten für einen zunächst sechsmonatigen Militärdienst rekrutiert werden - mit der Möglichkeit einer Verlängerung.
Wehrpflicht nach schwedischem Modell & bessere Bezahlung
Auch der Vorsitzende des Deutschen BundeswehrVerbands, André Wüstner, sprach sich am Dienstag für eine Wehrpflicht nach dem sogenannten schwedischen Modell sowie für bessere Bezahlung und Bedingungen aus.
"Wir müssen noch in diesem Jahr starten, sonst laufen wir ab nächstem Jahr Gefahr, personell zu implodieren", sagte er gegenüber Welt TV. "Wir haben enorme Personalprobleme. Es geht darum, jedes Jahr rund 27.000 Personen zu ersetzen, die die Bundeswehr verlassen und neu rekrutiert werden müssen."
Auch der ehemalige Außenminister der Grünen, Joschka Fischer, sprach sich für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht aus: "Ich war damals [2011, anm. d. Red.] für ihre Abschaffung", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Stern". "Das war ein Fehler, den wir korrigieren müssen. Die Wehrpflicht muss wieder eingeführt werden - für beide Geschlechter. Ohne diesen Schritt werden wir beim Schutz Europas nicht vorankommen", erklärte Fischer.