Catcalling soll bundesweit Straftat werden
Niedersachsens Kabinett fordert, strafrechtlich gegen verbale sexistische Übergriffe vorzugehen und Catcalling als Straftat einzustufen.
Niedersachsens Kabinett fordert, strafrechtlich gegen verbale sexistische Übergriffe vorzugehen und Catcalling als Straftat einzustufen.
Sexuelle Belästigung auf offener Straße ist für viele Menschen - allen voran Frauen und Mädchen belastender Alltag in Deutschland - und bisher ohne Folgen für diejenigen, die für jene verbale Entgleisungen verantwortlich sind. Doch Niedersachsens Landesregierung will dass sich das ändert und hat deshalb vor wenigen Tagen einen Kabinetts-Gesetzentwurf beschlossen, der das Ziel verfolgt, Catcalling künftig unter Strafe zu stellen. Der Entwurf wird nun im Bundesrat eingereicht, um Catcalling als neuen Straftatbestand ins deutsche Strafgesetzbuch aufzunehmen.
Mit dem Vorstoß will die Landesregierung von Niedersachsen eine rechtliche Lücke schließen, um Frauen, Mädchen und Menschen aus dem LGBTQIA+-Personenkreis künftig vor entwürdigenden Angriffen zu schützen. "Viel zu viele Mädchen und Frauen müssen bislang erleben, dass Männer sie mit Worten oder Gesten zum bloßen Sexualobjekt degradieren", erklärte Niedersachsens Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann (SPD). "Solche Belästigungen sind nicht harmlos und schon gar kein Kompliment. Damit muss endlich Schluss sein.“
Der geplante Gesetzentwurf aus Niedersachsen soll die Definition von sexueller Belästigung erweitern und verbale sowie nonverbale Übergriffe explizit erfassen. Damit wäre Catcalling als Straftat benannt und würde nicht länger nur als "harmlose" verbale Äußerung gelten, sondern als ein Angriff auf die Würde und die Selbstbestimmung der Betroffenen. Damit würde Deutschland nicht nur einen wichtigen rechtlichen Schritt unternehmen, sondern auch ein starkes gesellschaftliches Signal setzen: Sexuelle Übergriffe werden nicht mehr toleriert, sondern bestraft. Der Entwurf sieht als Strafandrohung eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor.
Catcalling, also anstößige Zurufe, Pfiffe oder anderweitige verbale Belästigungen im öffentlichen Raum, ist bislang in Deutschland nur schwer zu ahnden. Rechtlich könnten solche Äußerungen zwar als Beleidigung verfolgt werden, doch in der Praxis fehlt oft eine klare Rechtsgrundlage. Dr. Anthea Pitschel, Fachanwältin für Strafrecht, sagt: "Für Fälle, bei denen sich der Täter unerwünscht sexuell gegenüber dem Opfer äußert, ohne dass es dabei zum Ausdruck eines die Ehre mindernden Mangels kommt, besteht derzeit keine Strafbarkeit."
In anderen Ländern ist man weiter: Frankreich führte bereits 2018 das "Gesetz gegen sexuelle und sexistische Gewalt" ein, das bereits zwei Monate nach seiner Verabschiedung zu einer ersten Verurteilung führte. Auch die Niederlande gehen seit dem 1. Juli strafrechtlich gegen solche Übergriffe vor - Anfang Oktober wurde erstmals ein 33-jähriger Mann in Rotterdam wegen Catcallings zu einer Geldstrafe in Höhe von 280 Euro verurteilt.
Der Entwurf aus Niedersachsen hat nicht nur juristische Relevanz, sondern steht für einen kulturellen Wandel. Die Diskussionen um Catcalling haben in den letzten Jahren an Sichtbarkeit gewonnen, insbesondere durch Social-Media-Kampagnen und Aktionen wie #CatcallsofHarassment oder "CatcallsOfBerlin bei denen betroffene Frauen ihre Erfahrungen teilen. Der geplante Gesetzesentwurf könnte Frauen und Mädchen ermutigen, Vorfälle anzuzeigen und ihre Rechte stärker einzufordern.