Ampel aus: Scholz wird die Vertrauensfrage stellen
Das Ende der Ampel-Koalition ist besiegelt: Bundeskanzler Olaf Scholz entlässt Finanzminister Christian Lindner. Gibt es Neuwahlen?
Das Ende der Ampel-Koalition ist besiegelt: Bundeskanzler Olaf Scholz entlässt Finanzminister Christian Lindner. Gibt es Neuwahlen?
Bundeskanzler Olaf Scholz hat Finanzminister Christian Lindner entlassen, nachdem interne Konflikte unüberbrückbar geworden waren. Die FDP reagierte daraufhin drastisch und zog mit sofortiger Wirkung alle ihre Minister aus der Bundesregierung zurück. Die politische Landschaft Deutschlands steht vor einer turbulenten Neuordnung.
"Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, ich hätte Ihnen diese schwierige Entscheidung gern erspart, erst recht in Zeiten wie diesen, in denen die Unsicherheit wächst. In den USA hat Donald Trump die Präsidentschaftswahl klar gewonnen", beginnt Scholz seine Erklärung am Mittwochabend in Berlin.
"Konnte ich nicht länger dulden": Scholz kritisiert Lindner scharf
In einer Krisensitzung am Abend des 6. Novembers 2024 gab Olaf Scholz eine scharfe Erklärung im Bundeskanzleramt ab und zeigte sich tief enttäuscht von Lindner. Der ehemalige Finanzminister Deutschlands habe das Vertrauen des Bundeskanzlers demnach "immer wieder gebrochen". Außerdem habe der FDP-Chef "kleinkariert taktiert" und mit "beispiellosem Egoismus" Gesetze "sachfremd boykottiert". Diese Haltung habe die Regierung blockiert und den Haushalt wie andere zentrale Vorhaben in eine Sackgasse geführt.
Dieses Verhalten innerhalb der Regierung habe Scholz "nicht länger dulden können". Die Entlassung Lindners sei ein notwendiger Schritt gewesen, um die politische Handlungsfähigkeit Deutschlands zu wahren.
Lindner reagierte empört auf seine Entlassung und warf Scholz einen "kalkulierten Bruch" der Koalition vor. Kurz darauf zog die FDP ihre verbliebenen Minister aus der Regierung zurück. Parteichef Lindner erklärte, die FDP werde sich nun in der Opposition auf ihre liberalen Kernthemen konzentrieren.
In seiner Erklärung im Bundestag betonte Christian Lindner, Scholz habe seiner Meinung nach lange die Notwendigkeit von wirtschaftlichen Reformen verkannt: "Seine Gegenvorschläge sind matt, unambitioniert und leisten keinen Beitrag, um die grundlegende Wachstumsschwäche unseres Landes zu überwinden", so Lindner. Scholz habe leider gezeigt, dass er nicht die Kraft habe, dem Land einen neuen Aufbruch zu ermöglichen. Stattdessen habe er ultimativ verlangt, die Schuldenbremse auszusetzen. "Dem konnte ich nicht zustimmen, weil ich damit meinen Amtseid verletzt hätte", so Lindner.
Auch Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) äußerte sich zum Koalitionsende: "Dieser Schritt war so folgerichtig wie unnötig." Er warf der FDP vor, zentrale Projekte wie Klimaschutzmaßnahmen und den Haushalt blockiert zu haben und appelliert an die Bevölkerung "zweifeln Sie nicht an der Demokratie".
Die Union drängt nach dem Ampel-Aus auf schnelle Neuwahlen. CSU-Chef Markus Söder forderte Scholz auf der Nachrichtenplattform "X" auf, die Vertrauensfrage sofort und nicht erst im Januar zu stellen. "Damit könnten Neuwahlen sogar noch im Januar stattfinden", so Söder weiter. Die AfD und die Linke begrüßen derweil den Bruch der Koalition und sehen ihn als Chance, ihre jeweiligen Positionen zu stärken.
Sahra Wagenknecht, Vorsitzende der neu gegründeten BSW, kritisierte Scholz ebenfalls scharf: "Der Zeitplan des Kanzlers ist politische Insolvenzverschleppung", sagte Wagenknecht dem Nachrichtenportal "t-online".
Die Regierungskrise führt zu einer geschäftsführenden Übergangsphase, in der große Vorhaben auf Eis liegen. Scholz plant, die Vertrauensfrage am 15. Januar 2025 zu stellen, was möglicherweise Neuwahlen Ende März nach sich ziehen könnte. Die Bundestagswahl, die eigentlich für den 28. September 2025 angesetzt war, soll demnach vorgezogen werden.
Mit einer zerbrochenen Ampel-Koalition steht Deutschland vor einer Phase politischer Instabilität, die sowohl Herausforderungen als auch Chancen birgt.
Quellen: der Bundeskanzler / Bundesregierung / Freie Demokraten / Zeit / tagesschau / Mitteldeutscher Rundfunk