Den Schlüssel fest umklammert in der Hand, dabei den längsten und spitzesten Schlüssel zwischen den Fingern hervorragen lassen, so geht es für die meisten Frauen und Mädchen nachts nach Hause. Statt dem kürzesten Weg wird lieber der Weg gewählt, der am hellsten beleuchtet ist oder an dem sich mehr Menschen aufhalten - so geht es für die meisten Frauen und Mädchen nachts nach Hause. Die langen Haare werden in die Jacke gesteckt, die Attraktivität wird so gut es geht, versteckt - so geht es für die meisten Frauen und Mädchen nachts nach Hause. Wer Turnschuhe trägt, kann schneller rennen. Die Kopfhörer werden nicht aus der Tasche geholt - man könnte sonst Schritte nicht hören, die sich von hinten nähern. Das Telefon ist immer griffbereit in der anderen Hand - gefakte oder echte Telefonate werden geführt - so geht es für die meisten Frauen und Mädchen nachts nach Hause. Jede dritte Frau gibt an, dass sie in Deutschland bereits auf der Straße verfolgt wurde, jede zehnte Befragte, dass sie Opfer sexualisierter Gewalt auf der Straße geworden ist.
Jede Dritte Frau wurde bereits auf der Straße verfolgt
Sexuelle Belästigung von Frauen ist kein Neuland - weder am Arbeitsplatz, noch im Internet, noch auf der offenen Straße. Doch gerade der Fall der 33-jährigen Britin Sarah Everard belegt, dass gerade letzteres ein ernstzunehmender Missstand in unserer Gesellschaft ist. Am 3. März wird Sarah auf dem Nachhauseweg entführt und getötet. Von einem Elite-Polizist, der die junge Frau, die nachts allein auf der Straße unterwegs war, als leichtes Opfer angesehen haben muss. Seit dem Mord an Sarah geht das Hashtag "#TextMeWhenYouGetHome" viral. Ins Leben gerufen wurde er von der Personal-Trainerin und Influencerin Lucy Mountain, die offenbarte, dass es für Frauen untereinander normal geworden ist, sich gegenseitig darum zu bitten, Bescheid zu geben, wenn sie sicher zu Hause angekommen sind. "Schreib mir, wenn Du zu Hause bist" ist mehr als nur ein Hashtag und mehr als nur eine Bewegung - es ist ein Aufschrei: "Hört auf, Frauen zu belästigen", schreibt Lucy Mountain und macht damit deutlich: Das Problem liege bei den Männern, nicht den Frauen.