Wie funktioniert das Wahlsystem in den USA
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Wie funktioniert das Wahlsystem in den USA
Wie wird in den USA gewählt?

USA Elections: Das Wahlsystem kurz erklärt

Für das Wahl-Spezial haben wir einmal das Wahlsystem der USA unter die Lupe genommen und in aller Kürze erklärt.

 Schritt 1: Die Vorwahlen 

Der Präsident oder die Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika wird alle vier Jahre gewählt. Es treten immer ein Demokrat und ein Republikaner gegeneinander an. Die Wahl in das Amt ist maximal zwei Mal zulässig – egal ob aufeinanderfolgend, oder mit einer zeitlichen Unterbrechung. Zu Beginn jeden Wahljahres gibt es die Vorwahlen - hier entscheiden die Demokraten und die Republikaner welcher ihrer Männer ins Rennen um den Präsidentschaftstitel geschickt werden. Bei den Demokraten ist das 2024 Vizepräsidentin Kamala Harris. Bei den Republikanern der ehemalige Präsident Donald Trump.

  • Die Vorwahlen sind je nach US-Bundesstaat unterschiedlich. In machen dürfen alle Wahlberechtigten entscheiden, welche Politiker die Präsidentschaftskandidatur antreten sollen. In anderen Bundesstaaten dürfen wiederrum nur registrierte Wähler bei der Vorwahl mitentscheiden.
  • Auch das Datum für die Vorwahlen ist nicht in jedem Bundesstaat gleich. Als Quasi-Ausnahme gilt der "Super Tuesday". An diesem Tag wird in vielen Staaten gleichzeitig abgestimmt.
  • Die Bürger entscheiden mit der Vorwahl aber nicht, welcher Kandidat antreten soll, sie wählen lediglich Delegierte beider Lager - also einen Delegierten der Republikaner und einen Delegierten der Demokraten.
  • Diese wiederrum unterstützen einen bestimmten Kandidaten. Nur die Kandidaten, die am Ende mehr als die Hälfte aller Stimmen der Delegierten bekommen haben, könnten theoretisch Präsidentschaftskandidat werden.
  • Welcher der möglichen Kandidaten aber tatsächlich ins Rennen geht, wird erst am Nationalen Parteitag per Wahl durch die Delegierten bestimmt.
  • Wenn aber keiner der Kandidaten mehr als die Hälfte aller Delegierten-Stimmen bekommt, wird Parteiintern über die Kandidaten verhandelt. Dann kann es passieren, dass Kandidaten zurücktreten und die Delegierten neu wählen müssen
  • Bei einer erneuten Wahl müssen die Delegierten dann nicht mehr zwangsweise ihren Kandidaten wählen, sondern können auch für einen anderen Kandidaten stimmen. Und zwar so lange, bis ein Präsidentschaftskandidat gefunden ist. 

 Schritt 2: Election Day 

Die eigentliche Wahl findet am Election Day statt. Der Election Day ist festgelegt auf den Dienstag nach dem ersten Montag im November. Der Termin kann so frühestens der 2. November und spätestens der 8. November sein. 2024 fiel der Election Day auf Dienstag den 5. November. 

  • Alle US-Bürger über 18 Jahren dürfen am Election Day ihren Präsidenten wählen. Das sind über 200 Millionen Menschen. Bewohner von Außengebieten (etwa Puerto Rico) dürfen allerdings nicht wählen. Nicht wahlberechtigt sind auch illegale Einwanderer und Menschen, denen wegen einer Verurteilung das Recht aberkannt wurde.
  • Anders als in Deutschland kann in den USA aber nicht einfach jeder Wahlberechtigte mit dem Ausweis zum nächsten Wahlbüro gehen. Es gibt Wahlverzeichnisse, bei denen die Eintragung in einigen Bundesstaaten überraschend schwer ist. Beispielsweise ist teils eine Geburtsurkunde nötig – besonders einige ältere Schwarze in den Südstaaten haben kein solches Dokument. Wahlrechtsaktivisten erheben immer wieder den Vorwurf, dass damit die Wahl beeinflusst werden soll; Afro-Amerikaner wählen in der Mehrheit Kandidaten der Demokraten.
  • Bei den Wahlen wird der Präsident (ähnlich wie bei den Vorwahlen) nicht direkt gewählt.
  • Die Bürger geben ihre Stimmen sogenannten Wahlmännern (Electoral College). Diese Wahlmänner sind wiederum für einen der beiden Kandidaten. 
  • Diesem "Electoral College" gehören 538 Wahlmänner und -frauen an.
  • Insgesamt braucht ein Kandidat mindestens 270 Wahlmänner-Stimmen, um Präsident zu werden.
  • Warum ist der Election Day unter der Woche und nicht wie bei uns, an einem Sonntag? Der Election Day hat eine lange Tradition. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts legte der US-Kongress fest, dass im November gewählt werden sollte. Das liegt daran, dass damals sehr viele Menschen in der Landwirtschaft arbeiteten. Die Offiziellen wollten sicherstellen, dass die Menschen auch genügend Zeit zum Wählen finden würden. Von daher schied das Frühjahr mit der Bestellung der Felder und der Herbst mit der Ernte von vornherein aus. Damals musste man unter Umständen eine mehrtägige Reise auf sich nehmen, um zu einem Wahllokal zu gelangen. Auch hierfür bietet der November noch halbwegs gute Bedingungen. Das Winterwetter hält sich Anfang November meist noch in Grenzen und große Hitzewellen wie im Sommer, die das Reisen unerträglich machen, sind auch nicht zu erwarten. Dass der Election Day auf einen Dienstag gelegt wurde, war insofern praktisch, dass man erst am Montag zur Wahl aufbrechen musste. Niemand verpasste so den sonntäglichen Kirchenbesuch. Mittwochs herrschte in vielen Städten Markttag – auch da hätten die Leute andere Dinge im Kopf gehabt, als wählen zu gehen. Dass Katholiken am 1. November den kirchlichen Feiertag Allerheiligen (englisch: All Saints Day) begehen, sprach dafür, den Election Day erst nach diesem Datum stattfinden zu lassen. Aber auch die Händler sind Anfang des Monats vielfach zu beschäftigt, weil am Monatsersten auch der Monatsabschluss gemacht werden muss. Wie man sieht, wurde das Datum für den Election Days unter Berücksichtigung vieler Interessen gewählt.
  • Der Election Day ist in vielen Bundesstaaten ein Feiertag. In anderen Staaten hingegen müssen Arbeitgeber sicherstellen, dass ihre Angestellten am Election Day wählen gehen können, ohne Einnahmebußen zu verbuchen. 
  • Wann steht der Gewinner fest? Anders als bei Wahlen in Deutschland gibt es in den USA keinen einheitlichen Zeitpunkt zu dem die Wahllokale schließen. Die sogenannten "Polling Places" haben nicht nur durch die verschiedenen Zeitzonen in den USA unterschiedliche Öffnungszeiten. Auch die Ortszeiten, zu denen die Wahllokale schließen, weichen voneinander ab. Sollte es ein deutliches Ergebnis geben, könnte ein Sieger bereits in der Wahlnacht feststehen. Dafür müsste er oder sie einen so klaren Vorsprung haben, dass es nicht auf das Ergebnis aller umkämpften Staaten ankommt. Davon ist allerdings nicht auszugehen. Es sieht nach einem engen Rennen aus. Wahrscheinlicher ist, dass es in der Wahlnacht eine Tendenz gibt – es aber noch ein oder zwei Tage dauern könnte, bis der endgültige Sieger feststeht. So lange wie letztes Mal dürfte es nach den Erfahrungen von 2020 und den erfolgten Änderungen in vielen Staaten nicht mehr dauern.
Ein Wahllokal in New York City
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Ein Wahllokal in New York City

Zahl der Wahlmänner und -frauen anhand der Bundesstaaten (Beispiel Wahl 2020) 

  • Was sind Swing States? 

In bestimmten US-Bundesstaaten haben die Demokraten oder Republikaner traditionell eine klare Mehrheit. Beispielsweise haben die US-Republikaner bei den letzten Wahlen in Texas immer klar gewonnen, die Demokraten hingegen in Kalifornien. Als Swing States ("schwankende Staaten") werden US-Bundesstaaten bezeichnet, in denen kein Kandidat und keine Kandidatin mit einer sicheren Mehrheit rechnen kann.

Wer auch nur wenige Stimmen mehr erhält, bekommt alle Wahlmänner und Wahlfrauen dieses Bundesstaates zugesprochen. Deshalb ist der Wahlkampf in diesen Bundesstaaten auch besonders intensiv. Die Kandidaten konzentrieren häufig einen großen Teil ihrer Auftritte und Fernsehspots auf die Swing States, weshalb diese auch Battleground States ("Schlachtfeld-Staaten") genannt werden. Ob ein Staat als Swing State bezeichnet wird, wird durch Umfragewerte, die Registrierung von Wählern bestimmter Gruppen und die Ergebnisse der vergangenen Wahlen ermittelt.

Für die Präsidentschaftswahlen 2020 galten folgende Staaten als Swing States:

  • Texas (38 Wahlleute von insgesamt 538)
  • Florida (29 Wahlleute)
  • Pennsylvania (20 Wahlleute)
  • Ohio (18 Wahlleute)
  • Georgia (16 Wahlleute)
  • Michigan (16 Wahlleute)
  • North Carolina (15 Wahlleute)
  • Arizona (11 Wahlleute)
  • Minnesota (10 Wahlleute)
  • Wisconsin (10 Wahlleute)

Warum nicht unbedingt der Kandidat mit den meisten Stimmen gewinnt 

Im Gegensatz zum deutschen Wahlsystem geht aber nicht unbedingt der Kandidat als Gewinner hervor, der die meisten Stimmen erhalten hat, sondern derjenige, der die meisten Wahlmänner hinter sich hat. Bei den Präsidentschaftswahlen 2016 hatte Trump Kontrahentin Hillary Clinton deutlich mehr Stimmen als Trump - weil er aber mehr Wahlmänner hinter sich hatte, wurde er nach Obama zum 45. Präsidenten der USA ernannt.

  • Jeder Bundesstaat hat unterschiedlich viele Wahlmänner - das Verhältnis der Wahlmänner ist Abhängig von der Population. Leben in einem Bundesstaat Millionen Menschen, gibt es hier auch mehr Wahlmänner als in Staaten mit einer geringeren Einwohnerzahl.
  • Bei der Präsidentschaftswahl gilt in den meisten US-Bundesstaaten das Prinzip der Mehrheitswahl. Das heißt: Der Kandidat oder die Kandidatin, der oder die in einem Bundesstaat die meisten Stimmen erhält, bekommt alle Stimmen der Wahlmänner- und -frauen dieses Bundesstaates 
  • Dieses Prinzip wird "The Winner Takes It All" genannt.
  • Ausnahmen von dieser Regel gibt es lediglich in den beiden kleinen Bundesstaaten Maine (4 Stimmen) und Nebraska (5 Stimmen). Hier werden nur zwei Wahlmänner oder -frauen nach dem Prinzip "The Winner Takes It All" bestimmt. 
  • Ein praxisnahes Beispiel der US-Wahl 2016Hillary Clinton hatte fast 2,9 Millionen Stimmen mehr als Donald Trump. 48 Prozent der Amerikaner stimmten für die Demokratin und "nur" 46 Prozent für Trump. Dennoch zog Trump ins Weiße Haus ein. Grund war das "The Winner Takes It All"-Prinzip. Weil Trump in Florida mit etwas mehr als einem Prozentpunkt siegte, erhielt er alle Wahlmänner. Da Florida ein besonders bevölkerungsreicher Staat ist, stellt er auch besonders viele Wahlmänner: 29 von 538. Wie oben bereits erwähnt benötigen die Kandidaten insgesamt 270 Wahlmänner-Stimmen um zu gewinnen. 

Wann ernennt das Electoral College den Präsidenten? 

Denn in den USA wird der Präsident nicht direkt durch das Volk gewählt, sondern durch ein Wahlleutegremium, das sogenannte Electoral College. Diesem gehören 538 Mitglieder an. Wie viele Wahlleute jeder Bundesstaat entsendet, hängt von der Bevölkerungsgröße ab. Die Regel ist: mindestens zwei für die Senatoren des Staates, hinzu kommt die von der Bevölkerung abhängende Zahl der Abgeordneten des Staates. Drei Wahlleute entsendet zudem die Hauptstadt Washington D.C., die formell kein eigener Bundesstaat ist. Wer Präsident werden will, braucht also mindestens 270 Stimmen.

Die Wahlmänner und -frauen (Electoral College) treffen sich am Montag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember (Meeting of Electors) in der Hauptstadt ihres Bundesstaates, um den Präsidenten und Vizepräsidenten zu wählen. Die Stimmzettel werden versiegelt und dem amtierenden Vizepräsidenten in seinem offiziellen Amt als Präsident des Senats übersandt. Die Stimmen der Wahlmänner und -frauen werden dann im Januar des Folgejahres in einer gemeinsamen Sitzung von Senat und Repräsentantenhaus ausgezählt. Der Vizepräsident als Präsident des Senats hat den Vorsitz der Auszählung und gibt die Ergebnisse der Wahl des Electoral College bekannt. Streng genommen ist erst dann geklärt, wer die Wahl gewonnen hat, doch weiß man dies natürlich aufgrund der Auszählungsergebnisse meistens schon in der Wahlnacht oder kurze Zeit darauf. 

Flaggen säumen den Weg zum Capitol in Washington D.C.
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Flaggen säumen den Weg zum Capitol in Washington D.C.

Kritik am Electoral College

Das Electoral College gibt es seit 237 Jahren. 1787 sahen die Verfassungsväter der USA in dem System einen Kompromiss zwischen einer direkten Wahl des Präsidenten durch das Volk und einer Wahl durch den Kongress. Weder das Volk noch der Kongress sollte die alleinige Macht haben, den Präsidenten zu bestimmen.

In der Realität führt dieses System jedoch zu erheblichen Verzerrungen des Wahlergebnisses. So kam es bereits mehrmals vor, dass ein Kandidat die meisten Stimmen erhalten hat, sein Kontrahent jedoch eine Mehrheit im Electoral College hatte und deshalb Präsident wurde. Zuletzt war dies 2016 der Fall, als Donald Trump Präsident wurde, obwohl seine demokratische Herausforderin Hillary Clinton fast drei Millionen Stimmen mehr bekommen hatte.